Geldgeschichten aus der Hauptstadt
Speaker 1: Ich gebe es offen zu, das heutige Thema war für mich ein schwarzer Fleck. Die Wechseljahre. Als Mann habe ich dazu wenig gewusst und noch weniger verstanden, was das mit unserer Arbeitswelt zu tun hat. Aber genau das hat mich neugierig gemacht. Denn es geht hier nicht um Hitzewallungen. Es geht um Produktivität, Fachkräfte, Unternehmenskultur und um Zahlen, die überraschen. Fast jede dritte Frau war deshalb bereits einmal krank, es schrieben 18% Wechseln. Wegen Wechseljares beschwerden sogar den Job. Der gesamtwirtschaftliche Schaden? Geht in die Milliarden. Wer von uns hat darüber jemals mit Kolleginnen und Mitarbeitern gesprochen? Diese Folge ist deshalb eine Einladung, besonders an Männer, die jetzt zuhören. Als Partner, als Vater, als Sohn und vor allem als Unternehmer. Denn hier hängt mehr dran, als viele denken. Mein Gast heute ist Dr. Andrea Ruhmler von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Sie hat im Rahmen des Forschungsprojekts MENU SUPPORT 2023 erstmals umfassend untersucht, wie Wechseljahre den Arbeitsplatz in Deutschland beeinflussen und damit eine intensive Diskussion angestoßen. Los geht's. Erzählen Sie ganz kurz mal was über sich und wie Sie auf dieses Thema auch gekommen sind, das dazu überhaupt zu forschen.
Speaker 2: Also ich fange erst mal an, wie bin ich zum Thema gekommen, dadurch, dass eine Freundin von mir eine Wechseljahres-App mitgegründet hat als Start-up-Unternehmerin und kein Funding dafür bekommen hat, obwohl sie eine gestandene Unternehmerin war, immer noch ist. Es war nichts zu machen. Sie hatte nur mit jungen Männern zu tun auf der Finanzierungsseite und die haben ihre Geschäftsidee, die von ihr und ihrer Partnerin nicht verstanden. Über die beiden habe ich eine Fallstudie geschrieben. Also war ich für das Thema schon mal sensibilisiert. Und dann hat sich nur wenige Monate danach eine weitere Unternehmerin bei mir gemeldet, die auch was mit Wechseljahren gerade gestartet hatte und hat mir erzählt, dass es in Großbritannien gerade vom Unterhaus eine Studie über die Wechsel-Jahre am Arbeitsplatz gab, die sehr für sehr viel Aufsehen gesorgt hatte und hat gesagt, guck da mal rein und sollten wir sowas nicht für Deutschland machen.
Speaker 1: Ich spring mal rein, ich muss ein bisschen ablesen dabei, weil es sind natürlich immens viele Faktenzahlen, Daten, die da natürlich aufgearbeitet werden. Und zwar, warum hat es so eine Brisanz? Ich glaube, um das auch noch mal einzuordnen, wir haben alle Mütter, wir haben all Partnerinnen, wir haben Töchter, die das irgendwann auch mal betrifft. Also, es ist Teil des weiblichen Lebens, es ist ein Teil der Gesellschaft. Fast jede dritte Frau war wegen Wechseljahresbeschwerden schon einmal krankgeschrieben oder hat unbezahlten Urlaub genommen. Jede fünfte über 55 ist deshalb früher in Rente gegangen. Wahnsinnig immense Zahlen. 18% haben den Job gewechselt. Da würde ich auch ganz gerne auch nochmal hören, warum man wegen Wechseljahren den Job wechselt, was das auch bedeutet. Und in Deutschland wurde ein wirtschaftlicher Schaden von rund 9 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Wie bewerten Sie dieses Gesamtbild für Deutschland? Und warum wird es wirtschaftlich, wenn die Zahlen so immens sind, bis jetzt gar nicht betrachtet?
Speaker 2: Na, es wird ja jetzt seit neuestem betrachtet und die Zahlen gibt's noch gar nicht so lange. Und Sie haben ja auch eben gesagt, es wurde schon lange geforscht, aber eigentlich haben auch die Mediziner sich lange nicht so richtig mit den Wechseljahren beschäftigt, mit ganz wenigen Ausnahmen. Klar gibt's ein paar Forscherinnen und vielleicht auch ein, zwei Männer, die sich damit schon vor 30 Jahren beschäftigt haben, aber es ist doch eher neuer. Und der wirtschaftliche Kontext ist deshalb wichtig, weil irgendwann auch den Medizinnerinnen klar wurde, die haben das nämlich angeregt. Dass die Beschwerden der Frauen auch auf die Arbeitsfähigkeit Einfluss haben. Und als man festgestellt hat, die Frauen leiden so in den Wechseljahren, dass sie dadurch weniger, vermindert arbeitsfähig sind, vorübergehend, dann hat man angefangen, sich mit den Wechseljahren am Arbeitsplatz zu beschäftigen. Und unsere Studie kam sozusagen einfach zur richtigen Zeit, zum richtigen Ort.
Speaker 1: Wir reden ja zwischen Mann und Frau über das Thema. Bevor ich mich darauf vorbereite, war das in meiner Vorstellung eine schwierige Zeit. Kommen Frauen ab einem gewissen Alter rein, Mitte, Ende 40, zwei Jahre, und dann ist das durch, so zweite negative Pubertät. So ist das in meinen Erinnerungen. Und es sieht anders aus.
Speaker 2: Ja, wir machen auch nur die groben Details. Also die zweite Pubertät trifft es schon ganz gut. Also man hat als Frau in den Wechseljahren ein schönes Auf und Ab der Hormone. Also eine Berg- und Talfahrt der Hombone vergleichbar mit der Pubertäte. Wenn wir kurz auf die Männer gucken, die keine Wechsel Jahre haben, in dem Sinne aber durchaus natürlich auch etwas an den Hormonen, die verlieren ganz langsam Testosteron. Also bei denen geht das eher sozusagen langsam bergab. Während die Frauen haben, in der Zeit vor der eigentlichen Menopause, die so Anfang 50 ist im Schnitt, eben diese mehreren Jahre, und das sind im Sritt so was wie fünf bis sieben Jahre, Berg- und Talfahrt, also himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, abwechselnd. Das ist das eine Problem. Und in der Zeit nach der Menopause. Als Postmenopause bezeichnen, gibt es da noch ein paar andere Beschwerden. Aber das eigentliche Problem sind diese Jahre vor der Menopause.
Speaker 1: Ich frag mich auch, wenn 93% der Frauen davon betroffen sind, warum das Thema jetzt erst kommt.
Speaker 2: Jede Frau geht durch die Wechseljahre und die Mediziner haben lange gesagt, ein Drittel merkt wenig oder gar nichts, ein Drittel merkt mittelfil und ein Drittle ist erheblich beeinträchtigt. Ein Drittel, das ist ganz schön viel und ich stelle mir auch die Frage, wie kommt's, dass da so lange kaum jemand drüber geredet hat. Vielleicht liegt es daran, dass... Zumindest in der Zeit, als meine Mutter durch die Wechseljahre ging, die selbstverständlich auch mir darüber nichts groß gesagt hat, es relativ normal war, Hormone zu nehmen, oder das üblicher war. Dann kam eine Zeit basierend auf medizinisch sehr unglücklichen und nicht richtigen Studien, wo gesagt wurde, Hormonen verursachen Krebs, Frauen nehmt die auf keinen Fall. Und auf dem ... Das kenn ich nämlich auch noch auf dem Stand, oder? Die Gegenbewegung war auf keinen Fall Hormone nehmen.
Speaker 1: Von einem Extrem zum anderen.
Speaker 2: Von einem Extrem zum anderen, es gibt schon seit einiger Zeit, auch nicht erst seit vorgestern, so genannte bioidentische Hormone, die näher an den natürlichen Hormonen dran sind. Aber auch die werden in Deutschland noch zurückhaltend genommen. Also weniger als 10% der Frauen nehmen die.
Speaker 1: Ich frage jetzt mal so ganz blöd, was sind denn so, auch wenn es gibt ja diese drei Kategorien, in die sie das einteilen, leicht, mittelschwer, was sind so die Beschwerden, die Frauen erleben? Und dann ja teilweise ja auch wirklich, wie Sie sagen, über sieben, acht, neun Jahre, teilweise dramatisch, einem nicht bewusst, glaube ich, wie lange das geht.
Speaker 2: Ja, also, wir machen mal so, wie fängt's so normalerweise an? Und das Problem ist, natürlich, das ist individuell, das ist keinesfalls immer gleich. Aber typisch ist eigentlich, dass die Frauen merken, sie können sich nicht mehr so gut konzentrieren wie früher, sie sind nicht mehr leistungsfähig und können nicht mehr gut schlafen. Das ist ja was, was wir fast alle kennen irgendwo hier. Aber das ist eben oft ein erstes Warnzeichen der Wechseljahre. Und wenn die Frauen das schon da in dem Stadium so beeinträchtigt, dass sie zum Arzt gehen, erkennt der Arzt das im Normalfall nicht als Symptom der Wechseljahre. Auch ein gar nicht so seltenes Symptomen ist so depressive Verstimmungen. Und dann kann alles Mögliche passieren von, die Frauen haben wahnsinnige Herzbeschwerden.
Speaker 1: Inwiefern? Herzrasen? Nudrigen?
Speaker 2: Alles Mögliche, dass die Frauen denken, Sie haben einen Herzinfarkt, kann ein Wechseljahressymptom sein. Sie haben gefragt, wieso hören die Frauen auf zu arbeiten? Jetzt stellen wir uns eine Polizistin vor, die im Einsatz ist und die eigentlich jede Stunde aufs Klo müsste. Um vielleicht einen Tampon zu wechseln oder aufs Klot zu gehen. Und die das nicht kann. Oder eine Busfahrerin.
Speaker 1: Also das bezieht sich jetzt auf diese 18 Prozent, die den Job wechseln. Die wir den Job wachsen.
Speaker 2: Wie wir den Job wechseln, also das ist ganz oft der Grund.
Speaker 1: Gewisse Jobs, die dann einfach nicht mehr möglich sind.
Speaker 2: Ja, und auch die Polizei weiß das natürlich inzwischen. Die wissen inzwischen, warum ihnen die Frauen in den späten 40ern und in den 50ern plötzlich so rätselhaft den Job kündigen. Das sagen die Frauen natürlich nicht. Die wissen ja auch oft noch nicht mal, dass das Wechseljahresbeschwerden sind, weil sie haben ja noch ihre Tage.
Speaker 1: Wir sind ein Dienstleistungsland. Wir haben wahnsinnig viele Frauen und Männer, die in Büros arbeiten. Ich denk mir, jetzt hört so ein Unternehmer das. Muss er auch immer noch sagen, klar, Geschäftsführer ist immer noch eher die Norm. Guckt sich die Zahlen an. Warum sollte sich jemand auseinandersetzen? Ich habe 20 Angestellte, von der Hälfte sind Frauen. Höre das jetzt, was ist der Trieb? Wie erklärt man das zu jemandem?
Speaker 2: Also die Frage ist ja, warum sollten die sich damit auseinandersetzen? Weil die Frauen, wenn sie in den Wechseljahren sind, mit einer ziemlich hohen Wahrscheinlichkeit nicht so arbeitsfähig sind, wie sie es davor waren und wie sie's danach auch wieder sind. Und wenn man sie richtig unterstützt, hat man sozusagen diese Produktionsverluste kaum.
Speaker 1: Interessant, danach steigt die Produktivität wieder.
Speaker 2: Ja, wenn man die Wechseljahre einmal überstanden hat, dann geht es den Frauen ja auch wieder besser. Dann haben sie zwar immer noch ein paar Schlafstörungen, aber dann ist alles nicht mehr so schlimm. Und dann geht's wieder. Es ist einfach so.
Speaker 1: Ich merke einfach, wie wenig ich tatsächlich darüber weiß. Aber das ist natürlich ganz spannend. Man kann Frauen unterstützen dabei.
Speaker 2: Man sollte sie auch unterstützen und es ist nicht schwierig, sie zu unterstützen. Die beste Nachricht für Unternehmer ist, es kostet auch nicht viel Geld. Also die wichtigsten Sachen kosten erst mal gar nichts.
Speaker 1: Wunderbar. Lassen Sie uns anfangen. Ich bin jetzt Unternehmer, habe 10 Angestellte, also Frauen von meinen 20 und möchte jetzt was machen. Wo fange ich an?
Speaker 2: Genau. Also ich erzähl mal unsere Studienergebnisse. Was wünschen sich die Frauen am meisten? Die Frauen wünscht sich, dass die Führungskräfte dafür sensibilisiert werden, was die Wechseljahre für die Arbeitsfähigkeit bedeuten. Also die wünschn sich, dass die Fürungskräfte Verständnis für sie haben. Das ist etwas, was eine Führungskraft sowieso für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sollte. Egal, ob es jetzt Wechsel Jahre sind, ob jemand einen schwerkranken Angehörigen hat oder irgendwas anderes hat. Ja, also in die Kategorie gehört das rein. Also die wünschen sich, dass die männlichen wie weiblichen Führungskräfte das verstehen und dann auch auf sie eingehen. Die Frauen wünscht sich ein wechseljahresfreundliches Arbeitsklima, was eben auch heißt, dass man sich trauen kann, Probleme anzusprechen. Und das Problem kann konkret zum Beispiel sein, Ich schlaf im Moment schlecht und wach manchmal morgens auf, bin total gerädert und kann dann nicht um acht im Job sein. Können wir die Arbeitszeit flexibilisieren? Weil das ist nämlich die erste ganz wichtige Maßnahme, dass alles, was geht, für die Frauen in der Zeit flexibilierbar ist. Also Arbeitsbeginn, Dauer der Arbeit und so weiter. Das geht ja bei Homeoffice-Jobs relativ gut. Das geht nicht, wenn wir die Pflegekraft oder die Chirurgin angucken. Da müssen wir uns was anderes überlegen. Verständnis haben heißt aber ja noch lange nicht, dass das bei der Frau auch ankommt. Und wenn ich eine M- Also wir machen es mal konkret. Ja, gerne. Ich wäre eine männliche Führungskraft. Ich sehe eine Mitarbeiterin, bei der ich ganz offensichtlich merke, der geht es nicht so gut. Jetzt muss ich sie ansprechen. Das ist auch gar nicht so ohne. Richtig. Das ist nicht ganz ohne. Und natürlich sage ich-
Speaker 1: Ist das rechtlich geregelt? Ich hätte so im Arbeitskontext ...
Speaker 2: Ich sag jetzt mal im Gegenteil, Sie haben als Führungskraft, also als Arbeitgeber, eine betriebliche Fürsorgepflicht. Und mit der betrieblichen Fürsorgepflicht und dem, dass Sie eine empathische Führungskraft sind, sprechen Sie die Mitarbeiterin in einem geeigneten Moment und nicht um 5 vor 5 auf dem Flur an und sagen, wollen wir uns mal ein bisschen unterhalten. Und Sie sagen natürlich nicht, kann es sein, dass Sie in Wechseljahren sind. Sie fallen nicht gleich mit der Tür ins Haus. Sondern sie sagen, bei mir kommt an, dass sie in letzter Zeit sehr gestresst sind und irgendwas los sein könnte. Wie können wir ihnen helfen? Oder wie kann ich ihnen helfen. Und jetzt fehlt aber noch ein ganz wichtiger Aspekt, das hat bisher alles keinen Cent gekostet. Und das andere, was jetzt kommt, kostet auch fast nichts. Wenn ich kann als Arbeitgeber und vielleicht nicht nur drei Mitarbeiterinnen habe. Dann stelle ich Informationen zu den Wechseljahren bereit, qualifizierte Informationen. Die ersten Arbeitgeber haben zum Beispiel Hormonspezialistinnen und Gynäkologinnen verpflichtet, die bei Ihnen im Unternehmen Sprechstunden machen. Die Informationen kosten auch ein bisschen. Ich kaufe 100 Euro Bücher ein, die gut sind und stelle die dahin aber sehr lächerlich im Vergleich dazu, dass die Frauen ... Wenn ihnen nicht geholfen wird, so viel schlechter oder weniger arbeiten oder weniger leistungsfähig sind, als sie es eigentlich könnten.
Speaker 1: Was ich ganz interessant finde, es hört sich so nach Stigma an. Als wenn die Frau noch mehr unter diesen Symptomen wahrscheinlich leiden würde, wenn es nicht angesprochen würde oder wenn es nicht kommuniziert werden darf. Ist das, nehme ich das so richtig wahr?
Speaker 2: Das sind ja wirklich zwei Probleme. Die Frau weiß oft nicht, dass sie in Wechseljahren sind. Sie merkt eben nur, ich bin nicht mehr die Alte. Und wir hoffen darauf, dass die neue Bundesregierung vielleicht auch aktiv wird zu diesem Thema, weil die Wechsel Jahre stehen im Koalitionsvertrag. Aber wir hoffnen darauf, das es so was wie eine nationale Wechsel-Jahresstrategie vielleicht gibt. Und dann kommt das relativ schnell bei den Unternehmen an, weil da wird dann eben auch drin stehen, man muss im Rahmen der für Sorgepflicht dafür sorgen. Arbeitsplexe wechseljahresfreundlich gestaltet werden.
Speaker 1: Wir gehen mal zurück in das hypothetische Unternehmen. Warum tun sich so viele Männer schwer, das auch anzusprechen? Oder vielleicht auf Frauen? Ich weiß es nicht. Ich geh jetzt sehr männlich an, aber wie ist es auf Frauen, die damit ein Problem haben?
Speaker 2: Ja, ganz bestimmt. Und es gibt auch Frauen, die denken, da trete ich jemandem zu nah, wenn ich das anspreche. Warum haben Männer damit ein Problem? Das passiert mir auch vor meinen Kollegen. Ich hab das ja als Forschungsthema jetzt seit fast drei Jahren. Ich hab mehrmals darüber intern geredet. Und meinen Kollegen ist das immer noch ein bisschen peinlich. Peinlich? Ja, meine Dekanin sagt dann immer, es haben wieder alle auf den Boden geguckt. Viele Führungskräfte, die Mehrzahl der Führungskräfte. Hat in einer Umfrage angegeben, dass sie die Wechseljahre als Privatsache ansehen. Das ist was, damit habe ich nichts zu tun. Und das stimmt aber nicht, weil es ja auf die Arbeitsfähigkeit geht, genauso wie... Also was wollen wir? Wir wollen, dass die Wechslejahren genauso selbstverständlich wie Rückenschmerzen diskutiert werden können.
Speaker 1: Eines der größten und drängendsten Themen der Wirtschaft ist der Fachkräftemangel. Die Leute fehlen einfach an allen Ecken und Enden. Ist das nicht auch ein Blickwinkel, der betrachtet werden muss, wenn wir uns über das Thema Wechseljahre unterhalten?
Speaker 2: Ja, das ist ein ganz wichtiger Blickwinkel. Und den haben eine Reihe von Unternehmern schon verstanden. Ich hab irgendwie vielleicht von einem Dreivierteljahr eine fand ich wirklich sehr anrührende E-Mail bekommen von einem mittelständischen, ich glaub, Elektrotechnik-Unternehmer aus Baden-Württemberg. So eine Mittelständler, der eben sagte, wir haben zwar 80% Männer, aber wir haben so einen Fachkräftemangel und die 20% Frauen wollen wir auch nicht verlieren. Wir haben uns also überlegt. Wir machen Wechseljahresunterstützung. Könnten Sie mal auf unsere Maßnahmen gucken und sich überlegen, ob das richtig ist?
Speaker 1: Wahnsinn!
Speaker 2: Wann haben Sie es bekommen? Letztes Jahr, dieses Jahr? Letztest Jahr, letztes Jahr.
Speaker 1: Progressiv, das könnte man ja als progressiv wirklich bezeichnen.
Speaker 2: Ja, es gibt auch einige Unternehmer und Führungskräfte, die das schon verstanden haben, wie wichtig das ist. Ich nenne sie jetzt mal Frauen im mittleren Alter, ja, also ab Mitte 40 haben das Kinderkriegen hinter sich. Die sind eingearbeitet, die sind fit, die fähig. Warum sollte ich die an die Wechseljahre verlieren?
Speaker 1: Viele Unternehmen reden ja auch über das Thema Unternehmenskultur und beschäftigen sich damit. Ich versteh das so als Teil dessen, wie können wir das in Unternehmskulturen einbringen, in deutsche Unternehemskulturen?
Speaker 2: Ich muss wieder ein bisschen ausholen. Mit einer Co-Autorin hab ich grade was veröffentlicht zum sozusagen Handlungsempfehlungen für Unternehmen. Und wir haben dazu mit zwei männlichen Coaches geredet. Jüngere, die eben Führungskräfte coachen. Und haben die gefragt, wie würdet ihr das machen? Und die haben gesagt, indem wir das Thema verpacken, würden wir das machen. Inwiefern verpackten? Ja, wir machen also nicht ein Seminar, was heißt Wechseljahresbeschwerden für Führungskräfte. Da möchte niemand hin, da kommt niemand hin. Sondern wir nennen das altersgemischte Teams führen. Und im Rahmen von einem Workshop zum Thema altersgemischte Teams wird eben auch das Thema Wechseljahre angesprochen. Das ist nicht schwierig zu verstehen, was die Wechsel sind. Richtig, ein trojanisches Pferd. Also die Idee dazu hat mir sehr gut gefallen.
Speaker 1: Ich möchte mit Ihnen kurz mal ein Gedankenspiel machen. Was glauben Sie, wie das Thema behandelt werden würde, wenn Männerwechseljahre hätten? Man weiß ja, dass Sie es auch ein bisschen haben, aber sagen wir mal so, wie Sie es Frauen erleben in dem Umfang.
Speaker 2: Ja, das ist eine schwierige Frage. Ich weiß nicht, ob's dann schon die Heilpille gegen alles gäbe. Ich bin mir gar nicht so sicher. Ich hab gestern die Zahl gehört, wie viel Männer zur Prostata-Krebsvorsorge gehen. Weil es ... Und das sind relativ wenige. Das wissen ganz viele. Ich glaub, 80 Prozent der deutschen Männer wissen, dass das wichtig ist und dass es die gibt. Aber es gehen nur, hab ich vergessen, 25 Prozent hin. Also viel weniger. Weil das bisher mit einer Tastuntersuchung verbunden ist. Und die Männer darauf keine Lust haben. Es sieht jetzt so aus, als würden die Leitlinien geändert. Dass jetzt gesagt wird, es gibt einen Bluttest als Standard-Vorsorgeuntersuchtung. Und der Urologe, der das vorgestellt hat, hat gesagt, wir sind ziemlich sicher, auch dazu gibt es empirische Untersuchungen, dass dann mehr Männer zur Vorsorgeunversuchung gehen. Von daher, ich bin mir gar nicht so sicher, ob die Männer sich so aktiv mit ihren Wechseljahren beschäftigen würden. Leiden würden sie genauso wie die Frauen und das würde ihre Arbeitsfähigkeit genauso einschränken.
Speaker 1: So viel zum Thema Wechseljahre. Das betrifft nicht nur Frauen, sondern auch uns Männer, spätestens wenn wir gute Chefs, Kollegen oder Partner sein wollen. Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal bei Goldäse, dem Podcast der Berliner Volksbank.